Starnberger Merkur vom 22. Oktober 2003

"Gutachter beeinflusst oder überfordert"

Seetunnel: Ingenieurbüro prüft Berechnungen
VON BARBARA IRLBAUER

Starnberg - Bevor der Stadtrat am kommenden Montag über die Verkehrslösung für Starnberg entscheidet und voraussichtlich die Seetunnelpläne zu den Akten legt, hat dessen Urheber Alexander Walther gestern zum Pressegespräch eingeladen. "Um klar zu rücken, dass ich gewisse Dinge richtig berechnen kann", wie er betont.

   Im Rahmen der Bewertung der Varianten war es, wie berichtet, zum Streit zwischen dem von der Stadt mit einem Gutachten beauftragten Büro "Drees & Sommer" und Walther gekommen. Hauptstreitpunkt: die für den See-Straßentunnel nötige Länge, die Walther mit 965 Metern zwischen dem Seeufer ab "Undosa" bis zum Tunnelaustritt an der

Weilheimer Straße berechnet hat; "Drees & Sommer" war zu 1340 Metern mehr gekommen. Walther hat seine Berechnungen nun vom Ingenieurbüro Josef F. Gruber-Buchecker in Ebersberg nachprüfen lassen. Ergebnis:

     Erforderliche
     Tunnellänge strittig

"Unsere Nachberechnung kommt auf die gleichen Ergebnisse der erforderlichen Tunnellänge von 965 Metern." Vorausgesetzt, der Straßentunnel quere den Bahntunnel nicht an der ungünstigsten Stelle. Wofür keine Notwendigkeit bestehe, denn im Verlauf der Seebucht besteht laut Ingenieurbüro "ausreichend Raum".
   "Drees & Sommer" hatte die Röhren unterhalb der Possenhofener Straße gekreuzt. Zudem war von dem Büro aus "bautechnischen und sicherheitsrelevanten Gründen" ein doppelt so hoher Abstand

zwischen den Röhren angesetzt worden. Diese Vorschriften gibt es laut Walther nicht. Nach Meinung von Horst Stockmar, dessen Bürgerinitiative das Seetunnelprojekt unterstützt, hätte die Stadt als Auftraggeber des Gutachtens dies genauer hinterfragen müssen. "Absicht oder grob fahrlässig?", stellt er in den Raum. Auch das Beispiel Neu-Ulm - dort teilen sich Stadt, Bahn und Staat die Kosten für die Tieferlegung der Gleise - zeige, dass in Starnberg "eine Mär" verbreitet wurde, nämlich "alles allein zahlen zu müssen."
    Walther glaubt nicht, dass das Ruder noch Mal herumgerissen werden kann. Ihm komme es nur darauf an, deutlich zu machen, dass die Dinge falsch dargestellt wurden: "Die Gutachter waren fachlich überfordert oder beeinflusst." Das gelte auch für die berechneten Planungsgewinne zur Finanzierung.