Von ANDREA JAKSCH
Starnberg - Nach 14 Monaten mündete der von der Stadt Starnberg eingeleitete
bürgeroffene Entscheidungsprozess für Verkehrslösungen in Starnberg
in einem Abschlussplenum. "Nun geht es ans Eingemachte", sagte Vizebürgermeister
Ludwig Jägerhuber (CSU) nach der rund dreieinhalbstündigen Veranstaltung
in der Schlossberghalle. Noch im Herbst wird der Stadtrat endgültig seine
Entscheidung treffen, mit welcher Variante der Verkehr in Starnberg in den Griff
bekommen werden soll.
150.000 Euro hat der Entscheidungsprozess die Stadt gekostet, wie
Jägerhuber anführte - und das in schwieriger Haushaltslage. "Wir haben
die Bürger ernst genommen", konstatierte der Dritte Bürgermeister Holger
Knigge (SPD) und bezeichnete das Verfahren als "einen Prozess, um den uns manche
andere Stadt beneidet".
Diese Art Selbstbeweihräucherung war allerdings einigen anwesenden
Bürgern zuviel - Tenor: Die Stadt sollte nicht so stolz auf das Verfahren
sein, sondern auf die Ideengeber der alternativen Verkehrslösungen. Diese
hätten Varianten entwickelt, auf die der Stadtrat "in 30 Jahren nicht gekommen
sei. Erika Schalper ärgerte sich zum Beispiel mit den Worten: "Es ist nicht
schön, wenn mir vermittelt wird, dass ich 150.000 Euro verbraten habe." Sie
fragte nach, wie die Stadträte ansonsten zu ihrer Entscheidung gekommen wären.
"Was hätte es gekostet, wenn wir nicht da gewesen wären?"
Klar wurde an dem Abend, dass zumindest die Mehrheit der anwesenden
Bürger eine Umfahrung von Starnberg wünschte. Nachdem sowohl der B2-Tunnel
als auch die von OPLA/von Redwitz vorgestellte Umfahrung 84 Millionen Euro kosten,
forderte Klaus Huber "meine Steuergelder am effektivsten einzusetzen". Wohl daran
zweifelnd, dass der Stadtrat von dem "Amtstunnel" ablässt,
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Rot, grün oder gelb: Beim
Runden Tisch wurden jede der sechs Verkehrsvarianten (Westspange, B 2-Tunnel,
Blum'sche Seetunnel, Walther Straßentunnel, Walther Bahntunnel und OPLA/v.Redwitz-Umfahrung)
untersucht (24 Kriterien) und mit entsprechenden Punkten versehen. aj/Foto: Jaksch
obwohl dieser die Stadt erwiesenermaßen nur vom Durchgangsverkehr
entlastet, diesen förmlich "zementiert" und auch keine städtebaulichen
Potenziale für Starnberg bietet, forderte Huber: "Die Bürger sollen
selber entscheiden, was sie haben wollen." Schließlich könne es "jenseits
des Volkes keinen Souverän mehr geben", so der Starnberger Umfahrungsbefürworter.
Allerdings steht der Realisierung der OPLA/von Redwitz Umfahrung
der Naturschutz entgegen. Laut Peter Defahl von der unteren Naturschutzbehörde
im Landratsamt müssten für die Eingriffe in Landschaftsschutz-, FFH-
und Naturschutzgebiete in einer Größenordnung von 18,5 Hektar Ausgleichs-
und Ersatzflächen von 21,42 Hektar geschaffen werden. Aufgrund der "gravierend
zu Buche schlagenden Eingriffe" prognostizierte Defahl als Ergebnis einer Verträglichkeitsanalyse:
"Unverträglich mit dem FFH-Gebiet." Eine Befreiung von der Schutzverordnung
sei nur aus "zwingenden Gründen" möglich (menschliche Gesundheit oder öffentliche
Sicherheit). Dass der "Homo Starnbergiensis" hinter |
EU-Normen zurückstecken müsse, wollte einemj
weiteren Umfahrungsbefürworter nicht in den Sinn. Er fragte sich, ob "wir
so eine verkrustete Gesellschaft sind, dass wir die zweitbeste Lösung (Amtstunnel)
verwirklichen". Dagegen wehrte sich August Landthaler: "Was wollen
wir unseren Kindern hinterlassen? Intakte oder zementierte Natur", fragte sich
der Westtangentengegner und B 2-Tunnel-Befürworter und lehnte eine Umfahrung
ab. Sein Mitstreiter Günter Schaller nannte es eine Illusion, dass die Umfahrung
einen erheblichen Teil des Verkehrs aufnehme. Seiner Meinung nach habe man die
Wahl zwischen "Abgasen zentral in der Stadt durch den Abluftkamin" (von 20.000
gefahrenen Kilometer) und einem Abgasgürtel um Starnberg (gefahrene Kilometer
200.000). Eine "Phantomdiskussion" nannte Kerstin Bernecker von
der Landkreis-Agenda die Wortgefechte. Keines der Projekte sei zukunftsfähig,
da 70% des Verkehrs "hausgemacht ist". Sie forderte einen Bruchteil des Geldes
für die beabsichtigte Investition in andere Mobilitätsprojekte zu stecken".
aj |
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