Artikel aus dem Kreisboten vom 16. Juli 2003
Rubrik:
STARNBERGER SEE


»Ein Missverständnis in der Definition«


Der Teufel liegt bekanntlich im Detail - denn für Starnbergs Tunnel gibt es drei Kostenberechnungen
Von ANDREA JAKSCH
Starnberg - "Wir haben sowohl die Tunnel-Länge als auch die Kosten der Seetunnel-Variante richtig berechnet." Mit diesen Worten widersprach das Projektmanagement-Unternehmen Drees & Sommer bei einer Pressekonferenz ausdrücklich der Darstellung des Planungsbüros Walther. Dieses hatte die Berechnungen, die anlässlich des 3. Runden Tisches vorgestellt wurden, unlängst scharf kritisiert und eine umgehende Korrektur der Studie gefordert.
   "Es ist toll, wenn es in der Stadt Leute gibt, die solche Ideen entwickeln", stellten Holger Duffner, Geschäftsführer von Drees & Sommer, sowie Stefan Gödeke eingangs fest. Allerdings könne der Stadtrat nur mit fundierten Bewertungen und Beurteilungen am Ende eine qualifizierte Entscheidung treffen: "Der Teufel liegt im Detail", so könnte man die zwei unterschiedlichen Berechnungsergebnisse von Walther (notwendige Tunnelverlängerung gegenüber Ursprungsplan 140 Meter) und Drees & Sommer (Verlängerung gegenüber Walther-Planung um 1 400 Meter) kommentieren. Kein Rechenfehler liegt laut Stefan Gödeke bei dem Drees & Sommer-Gutachten vor. So sei das Planungsbüro Walther von "idealisierten Tunnelquerschnitten" ausgegangen. Bei näherer Prüfung reichen diese laut Gödeke jedoch nicht aus. Aufgrund von geltenden Sicherheitsvorschriften und weil Busse und LKW durch die Straßenröhre fahren müssen, gehe man von einem doppelt so hohen Abstand zwischen Straßen- und Bahntunnel aus wie der Starnberger Architekt. Dieser halte am Kreuzungspunkt von Bahn- und Straßentunnel eine Tiefe von 5,60 Meter unterhalb des Eisenbahntunnels für ausreichend (gerechnet wird der Abstand zwischen Gleisoberkante-Schienenstrang und der Fahrbahnoberkante-Straßenbelag). Drees & Sommer dagegen haben einen größeren Abstand von Glreisoberkante und Bahntunnelsohle (ein Meter), dem notwendigen Sicherheitsabstand zwischen beiden Tunneln (zwei Meter) sowie dem Zwischenraum für die Entlüftung des Straßentunnels (2,05 Meter) vorgesehen.
   "Ob nun Straßen- und Bahntunnel unter dem See kreuzen oder nicht", so Duffner, beide Röhren könnten frühestens ab dem
Diagramm zum Bericht
Ein Straßentunnel, drei unterschiedliche Kostenberechnungen.

aj/Foto: Jaksch

"Zwangspunkt Ufer" anfangen zu steigen. Da das Planungsbüro Walther davon ausgehe, dass der Straßentunnel auf Höhe des Heimstättenweges/ Franz-Heidinger-Straße wieder an die Oberfläche tritt, ergebe sich nach den Berechnungen der Gutachter eine Steigung von über sieben Prozent. "Es sind aber nur vier Prozent zulässig", stellten Drees & Sommer klar. Um diese Marke einzuhalten, müsste der Tunnel verlängert werden - um 1 180 Meter (Ende des Tunnels wäre erst auf Höhe Schmalzhof). Zusammen mit dem oben errechneten Tiefenunterschied werde der Tunnel insgesamt um rund 1 400 Meter länger als von Walther veranschlagt, so die Gutachter.
   In Punkto "zu hohe Planungskosten" - Alexander Walther hatte die von den Gutachtern angesetzten 18 Prozent (49,9 Millionen Euro) scharf kritisiert und moniert, dass der B 2-Tunnel im Gegensatz dazu ohne Planungskosten aufgeführt war - wand Gödeke ein: "Da gab es wohl ein Missverständnis in der Definition".
   In den 18 Prozent seien nicht nur Honorarkosten sondern die gesamten Nebenkosten, die für die Erstellung des Bauwerkes erforderlich seien, enthalten. Dazu gehörten unter anderem die Rechtsberatungen, die Erkundungen des Baugrundes, die Beweissicherungen sowie Beratungsleistungen zu Schallemmissionen und Brandschutz, Genehmigungs- und
Abnahmegebühren und Untersuchungen zur Finanzierung: "Unsere angesetzten Kosten sind eine realistische Annahme, welch auf praktischen Erfahrungen mit unterirdischen Bauwerken in städtischer Lage beruhen", so Duffner und Gödeke. Allerdings räumten sie ein, dass Planungskosten beim B 2-Tunnel gefehlt hatten. "Wir setzen beim 4. Runden Tisch jetzt 15 Prozent an", so Duffner. die Gesamtkosten für den "Amtstunnel" belaufen sich somit laut Drees & Sommer auf 86,3 Millionen  Euro. Damit man den Walther'schen Straßentunnel (ohne Kreuzung mit dem Bahntunnel) direkt mit den anderen Verkehrslösungen vergleichen kann, hat Drees & Sommer nun Kosten in Höhe von 184,1 Millionen Euro genannt (zwei Spuren ohne Anbindung an die Stadt und ohne Parkhaus). Das entspricht 61 400 Euro pro Meter. Der höhere Preis (Walther hatte 38 500 Euro/lfm errechnet) resultiert laut Drees & Sommer aus dem hohen bautechnischen Aufwand für die Erstellung des Tunnels in offener Bauweise in den weichen Seetonen und einem zusätzlich notwendigen Fluchttunnel, der von Rettungsfahrzeugen zu befahren sein muss.
   "Mit unserer Bauweise sind wir auf der sicheren Seite", sagte Gödeke. Für die Tunnelverlängerung um 1 400 Meter müssten noch einmal 33,5 Millionen Euro aufgebracht werden.