Artikel aus dem Kreisboten vom 9. April 2003
Rubrik:
LANGKREIS


Alles bleibt beim Alten


Stadtrat nimmt umstrittenen Beschluss nach Verkehrschaos zurück
Von ANDREA JAKSCH
Starnberg - Genau zehn Tage lang währten die probeweise eingeführten Verkehrsregelungen "Einbahn in der Himbselstraße"  und Sperre zwischen Riedener Weg und Ferdinand-Maria-Straße. Seit Mitte vergangener Woche ist wieder alles beim Alten. Der Stadtrat hatte den Versuch als gescheitert erklärt und die Maßnahmen wieder aufheben lassen.
   
"Wieder eine dumme Idee" oder "Schildbürgerstreich" waren noch die harmloseren Bemerkungen, mit denen die Starnberger Bürger die neue Verkehrsregelung kommentierten. Selbst Bürgermeister Ferdinand Pfaffinger (BLS) , der nach eigener Aussage "hart im Nehmen" ist, bekam E-mails, deren Stil ich nicht für möglich gehalten habe", so der Rathauschef.
   Besonders an den beiden ersten Tagen nach der Sperrung war es in der Kreisstadt zu chaotischen Verkehrsverhältnissen gekommen: Autofahrer, die wohl die Hinweisschilder mit der Neuregelung übersehen hatten, mussten unter schwierigen Verhältnissen wenden und verursachten so kilometerlange Rückstaus auf den verschiedenen Straßen. Zwar besserten sich im Laufe der Woche die Verhältnisse etwas - der Stau in der Leutstettener Straße bis zum Bahnhof Nord blieb. Außerdem führte der Schleichverkehr nun verstärkt an drei Schulen vorbei. Grund genug für die CSU im Stadtrat, die Aufhebung der eigentlich für sechs Monate beschlossenen Verkehrsmaßnahme zu fordern.
   "Der Stadtrat wurde wieder in seiner Gesamtheit als unfähig hingestellt", bedauerte CSU-Rätin Hannelore Hartmann. Sie verwies auf ihre damalige Forderung, vor Inkrafttreten der Verkehrsberuhigung mit Hilfe einer Computersimulation zu sehen, wie sich der Schleichverkehr entwickelt. Doch der Stadtrat hatte dies einst abgelehnt und den mit den Anliegern des Wohngebietes erarbeiteten Kompromiss umgesetzt. Dass eine Sperrung nicht habe gut

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Keine zehn Tage alt und schon haben die Verkehrsschilder, mit denen die Stadt Starnberg den Schleichverkehr im Wohngebiet westlich des Bahnhofs Nord verringern wollte, wieder ausgedient.
           Foto: aj

gehen können, erklärte Hartmann mit den Worten: "In Starnberg funktioniert der Verkehr nur, weil sich jeder seinen individuellen Schleichweg sucht." Eine punktuelle Verkehrsberuhigung könne man sich abschminken, solange es keine großräumige Entlastung gebe, so die Stadträtin weiter.
   Vom "Rückstau bis Wangen" und rücksichtslosem Abdrängen berichtete Barbara Frey, als Anliegerin selbst betroffene: "Laster und Busse benutzen einfach die Linksabbiegespur der Leutstettener Straße Richtung Münchnerstraße zum geradeaus fahren und drängen einen ab." Auf ihren Antrag hin soll nun geprüft werden, ob künftig ein Verbot für den Schwerlastverkehr in der Otto-Gaßner-Straße und Rheinlandstraße ausgesprochen werden muss.
   "Schilder zu klein" und "zu kurzfristig aufgestellt", bemängelte Hans-Peter Tauche, der Wert darauf legte, dass die FDP gegen die Sperrung votiert hatte. Auch er wusste abenteuerliches zu berichten, wie Autofahrer, die "radikal gegen die Einbahnstraße" Himbselstraße fahren würden.
"Diese Verkehrsmoral hat sich wohl mit der einstigen Sperrung der Leutstettener Unterführung eingebürgert", spekulierte der Liberale.
   Obwohl sich Bürgermeister Pfaffinger schon gewünscht hätte, die Probephase wenigstens vier Wochen laufen zu lassen, bewogen ihn schließlich die durch Staus verursachten massiven Verspätungen auf fast allen Strecken des Busverkehrs zum Umdenken. Teilweise bis zu 20 Minuten hatten die Linien vom Tutzinger Hof-Platz bis zum Bahnhof Nord gebraucht - wichtige S-Bahn- und Regionalzuganschlüsse konnten nicht mehr erreicht werden. "Eine innerörtliche Verkehrsregelung der Stadt Starnberg kann nicht dazu führen, dass der Landkreisfahrplan teilweise umgeschrieben werden müsste", hatte das Starnberger Landratsamt daraufhin in seiner Stellungnahme gewettert.
   Einstimmig hob der Stadtrat die nicht einmal zwei Wochen alte neue Verkehrsregelung wieder auf.