OPLA- / von Redwitz-Umfahrung


Die Starnberger Künstlerin
Freifrau Nortrud von Redwitz steht mit ihrem Namen für diese Umfahrungslösung, die sie in Zusammenarbeit mit dem Architekt Walter Graber vom Büro für Ortsplanung & Stadtentwicklung "OPLA" entwickelt hat.



Länge: ca. 9 km wie dargestellt

Fahrstrecke mit Maxhof-Straße: 11,3 km

Kosten: Diese werden auf gut 100 Millionen Euro und damit etwas über denen des B2-Tunnels geschätzt.



Wir setzen uns dafür ein, dass diese Umfahrung nicht gebaut wird.
Details siehe unten.

   
Karte mit Amtstunnel
Verlauf: Der Hauptverkehr soll ab Autobahnende rechts abzweigen und nördlich des Gewerbegebietes das Naturschutzgebiet Leutstettner Moos auf einer aufgeständerten Straße überqueren. Nach einer Anschlussstelle zum Bahnhof Nord soll das Siedlungsgebiet beiderseits der Bahn untertunnelt werden. Im weiteren Verlauf quert die Trasse ein Stück des Geländes als Galerie ("seitlich offener Tunnel") und folgt ein Stück der Umfahrung von Hanfeld. Östlich von Hadorf, ab der Straße Hadorf-Söcking folgt sie dem geplanten Verlauf der Westtangente. Es gibt auch eine "Variante A", die südlich an Hanfeld vorbei führt.


Philosophie

Der Durchgangsverkehr soll Starnberg umfahren. Die Zufahrt nach Starnberg soll von diesem "Ring" aus erfolgen. Selbst der Ziel- und Quellverkehr könnte diesen Ring teilweise benutzen (vgl. Punkte 3 und 4 unten).

Vorgeschichte

Nachdem über Jahrzehnte als Alternative zu einem Tunnel für Starnberg eine Umgehungsstraße diskutiert wurde, schien das Thema weitgehend zu den Akten gelegt. Zitat aus dem Kreisboten vom 8.1.2003: Da grassiert noch unter wenigen ein "Restvirus". Nach erneutem Engagement der Konzeptverfasser erlebte die OPLA-Umfahrung mit dem 2. Runden Tisch am 9. April eine Art Renaissance (siehe Starnberger SZ vom 11.4.2003).

Vor diesem Hintergrund soll die Umfahrung auf eine prüfbaren Planungsstand gebracht und eine Kosten-Nutzen-Analyse erstellt werden. Siehe Artikel im Starnberger Merkur von Pfingsten 2004: Umfahrung 20 Millionen billiger (wie man auf die Zahl kommt, wird allerdings nicht erklärt).

Chancen der Verwirklichung


Dadurch dass diese Variante ebenfalls einen Tunnel umfasst, liegen die erwarteten Kosten ähnlich hoch wie die des B2-Tunnels - eher etwas höher. Bei letzterem ist es gelungen, ihn weiterhin im neu zu erstellenden Bundesverkehrswegeplan vordringlichen Bedarf zu halten. Würde der Tunnel allerdings aus örtlicher Sicht zu Gunsten einer anderen Lösung nicht mehr gewünscht, so würde er wohl aus dem Plan herausfallen und könnte nicht ohne weiteres durch ein anderes Starnberger Projekt ersetzt werden, das über das Stadium der Überlegung noch nicht hinausgekommen ist (Zitat aus dem Kreisboten vom 23.4.2003). Somit erscheint die Finanzierung vorläufig fraglich.


Unsere Kritik an dem Vorhaben


1. Langfristig gedacht

Der Architekt Albert Blaumoser hat es bei seiner Erläuterung aus Sicht der Städtebaulichen Entwicklungspotentiale beim 2. Runden Tisch schön ausgedrückt: Man soll bei der Bewertung solcher Bauvorhaben 100 Jahre in die Zukunft denken. Professor Udo Becker aus Dresden hat es bei seinem Vortrag in der kleinen Schlossberghalle am 18.3.2003 (siehe Aktuelles) ähnlich formuliert: Eine Maßnahme ist dann gut, wenn man sie nach langer Zeit auch noch gut finden wird, das heißt wenn die Kinder sie einst noch gut finden. Auch die Starnberger wissen das und so lautete das Fazit der Verkehrsbefragung » Lieber gut als schnell «.

Vor 100 Jahren war Starnberg ein kleines Dorf am See (vgl. Bild von Starnberg vor 160 Jahren auf den Seiten von Alexander Walther, der ähnlich argumentiert). (Hätte man damals eine Umfahrung für das "Dorf" gebaut, wäre sie längst wieder mitten in der Stadt, nur wegen der größeren Länge hätte man "mehr" davon ...)
Seitdem hat es sich prächtig entwickelt, natürlich vom See weg. Wie wird Starnberg in weiteren 100 Jahren aussehen?
In einigen Abschnitten grenzt die OPLA-Umfahrung bereits heute an die Siedlungsgebiete. So gesehen macht diese Umfahrung eher den Eindruck eines Provisoriums, einer "Umleitung".


  


Durchgangsverkehr
Hauptanteil: B 2 und Possenhofener Straße
(Resultat umfangreicher Verkehrsbefragungen an sieben Ein-und Ausfallstraßen Starnbergs im Sommer 2002; entnommen aus dem Kurzak-Gutachten 2003, Abbildung 1)


Die OPLA-Trasse "gerade gebogen" ist halb so lang wie der Starnberger See. Entlang der B 2 würde sie genau bis Traubing reichen. Das blaue Stück vom Maxhof bis Traubing entspricht also dem Umweg.

2. Langer Umweg

Wie die Grafik rechts deutlich zeigt, fließt der größte Teil des Durchgangsverkehrs zwischen B 2 / Possenhofener Straße und der Starnberger Autobahn. Es wäre ein Unding, diesen Verkehr auf die lange Reise um Starnberg herum zu schicken. Auch andere Städte haben Umgehungsstraßen, aber im Fall von Starnberg wäre diese "U"-förmig und einfach zu lang. Man braucht es sich nur auf der Karte anzusehen (siehe oben). Die gesamte Strecke ab Maxhof bis zum Anfang der Autobahn ist ca. 11,3 km lang und damit 2,4 mal so lang wie der direkte Weg durch die Stadt mit etwa 4,7 km.

Mangelnde Akzeptanz
Dass ein bedeutender Anteil des Durchgangsverkehres die Umfahrung benutzen wird, könnte sich nach Fertigstellung leicht als Illusion herausstellen.

Zusätzlich verfahrener Treibstoff

Falls es wider Erwarten gelingen sollte, dass die Autofahrer diesen Umweg nehmen, dann würden 6,6 km Umweg bei 15 000 Fahrzeugen täglich (Kurzak-Gutachten 2003, Plan 6) eine zusätzliche Fahrleistung von knapp 100 000 Kilometern bedeuten. Bei einem angenommenen Verbrauch von 8 Litern je 100 km wären es 8 000 Liter an zusätzlich verfahrenenm Benzin und Diesel jeden Tag an Starnbergs Stadtrand (noch dazu im Westen ...).
Zum Vergleich: Statt dessen könnte ein Autofahrer jeden Tag knapp zweieinhalb mal um die Welt fahren. Oder es könnten etwa 1500 bis 2000 Haushalte mit Heizöl versorgt werden - wahrscheinlich würde es für ganz Söcking reichen. Das ist ein Anachronismus in Zeiten von knapper werdendem Öl und Klimaveränderung.
Siehe auch: www.peakoil.de (das sollte jeder wissen!).

Schließlich ist ein Umweg auch nicht im Sinne der Autofahrer. An deren Interessen nebenbei zu erinnern sollte auch erlaubt sein - zumal die meisten von uns hin und wieder dazu gehören.


3. Ziel- und Quellverkehr

Es ist der Eindruck entstanden, als könne die Zufahrt nach Starnberg auf jeweils kürzestem Weg von der Umfahrung aus erfolgen. Sogar Binnenverkehr, also von einem Punkt in Starnberg zum anderen, könne zum Teil die Umfahrung benutzen und so die Innenstadt verkehrsberuhigt werden. Leider wurden hier falsche Hoffnungen geweckt, denn einer genaueren Überprüfung halten diese Überlegungen größtenteils nicht stand.
In den meisten Fällen wäre der Weg über die Umfahrung so viel weiter als der direkte Weg durch die Stadt, dass er völlig unattraktiv wäre.
Ein Beispiel: Wenn jemand etwa von der halben Höhe der Hanfelder Straße zur Autobahn möchte, dann ist die bisherige Strecke durch die Stadt 2,5 km lang. Der Weg Richtung Hanfeld und ab dort weiter auf der Umfahrung wäre dagegen knapp 6 km lang. Gewonnen wäre nicht viel, denn anstelle der unteren Hälfte der Hanfelder Straße bekäme die obere Lärm und Abgase und anstelle der Münchner Straße würden Wohngebiete in der Umgebung des Bahnhof-Nord und das Gewerbegebiet von Norden her belastet. Insgesamt entstünden wegen der längeren Strecke deutlich mehr Abgase.

Ähnliches gilt für fast alle übrigen denkbaren Anwendungen der Umfahrung für Ziel- und Quellverkehr.


4. Durchgangsverkehr aus Westen und Norden

Die Umfahrung soll sternförmig um Starberg herum den Durchgangsverkehr abfangen.

Söckinger Straße: Im Fall des Verkehres von und nach Perchting, Andechs usw. kann dies der B2-Tunnel auch und sogar besser. Betrachten wir dazu drei Strecken, beginnend vom Kreuzungspunkt der Umfahrung mit der Andechser Straße westlich von Söcking, bis zur Autobahn:
a) Auf der alten Strecke durch Söcking sind es 6,1 km
b) Auf der Maxhof-Straße (St 2563) und dann durch den B2-Tunnel: 7,4 km
c) links entlang der Umfahrung: 8,6 km

Hanfelder Straße: Hier kann die Umfahrung den Durchgangsverkehr zur Gänze aufnehmen.
In Richtung Weilheim ist dabei das Verkehrsaufkommen so gering, dass es keinen Straßenbau rechtfertigt - diese wenigen Autos fallen in Starnberg garnicht auf.
Der Hauptteil des Durchgangsverkehrs fließt In Richtung Autobahn und der erste Abschnitt der Umfahrung würde als direkter Bypass die Hanfelder Straße deutlich entlasten. Das ist der einzige deutliche Vorteil der Umfahrung, der schließlich übrig bleibt. Es ist aber ein Nebenschauplatz und lenkt vom Hauptproblem ab - vergleiche Grafik oben. Außerdem bleiben Bedenken wegen dem folgenden Punkt:


5. Verbindung zweier Autobahnen

Der erste Abschnitt dieser Umfahrung ergibt zusammen mit den geplanten Umgehungsstraßen von Oberbrunn und Unterbrunn eine relativ gut ausgebaute Verbindung von der Lindauer Autobahn A96 zur Starnberger A952 bzw. Garmischer Autobahn A95. Wenn das Teilstück des Münchner Autobahnringes A99 bis zur A96 fertig ist, können im Prinzip Stuttgarter über Starnberg in den Winterurlaub nach Garmisch fahren - oder Obsttransporte vom Bodensee ... Damit entschärft Starnberg möglicherweise die Diskussion um den Autobahn-Südring für München. Die Frage ist, ob wir dazu bereit sind (und ob es sinnvoll ist).


6. Braucht Starnberg einen Ring ?

Wer würde gern im Norden Münchens wohnen? Hier gibt's den Müllberg, das Atomei, den Flughafen, das Kraftwerk-Nord mit Klärschlammverbrennung und ... den Autobahnring. Von letzterem ist man dort so begeistert, dass man dem Münchner Süden auch einen wünscht ... In München hatte man aber kaum eine andere Wahl wegen der Autobahnen und der Größe der Stadt wäre eine Untertunnelung sehr schwierig.

In Starnberg dagegen ist der Tunnel unter der Stadt eine naheliegende Lösung. Starnberg braucht keinen Ring!
Ein Ring, auch wenn es hier (noch) keine Autobahn ist, entwertet einen weiten Bereich und er sperrt die Stadt bezüglich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten ein. Wenn Starnberg wächst kann der Ring nicht mitwachsen. Als Argument gegen einen Tunnel wird zuweilen genannt, dass er die Situation zementieren würde. Einen Tunnel kann man bei Bedarf verlängern, aber den Ring kann man nicht verschieben - er zementiert die Situation viel stärker.

  


Blick über die Würm Richtung Leutstettener Moos

7. Naturschutzgebiet Leutstettener Moos

Gleich zu Beginn müsste die Trasse dieses überqueren. Dafür käme bestenfalls eine aufgeständerte Straße in Betracht, das heißt eine "niedrige Brücke". Zwar könnten die "Frösche etc." darunter hindurch, aber sie bekämen Lärm und Abgase. Der schöne Blick vom Gewerbegebiet aus auf das Moos würde beeinträchtigt, wie Herr Blaumoser richtig feststellte. Durch die exponierte Lage würde der Schall aber sicher über das Gewerbegebiet hinausreichen - ins Moos (Stichwort Fluchtdistanz der Tiere) - und in Richtung Stadt.
Das Moos ist von der Europäischen Union als FFH-Gebiet ausgewiesen (Fauna Flora Habitat). Peter Drefahl von der unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt wagte die Prognose, dass "aufgrund der gravierend zu Buche schlagenden Eingriffe" das Ergebnis einer Verträglichkeitsanalyse lauten würde: "Unverträglich mit dem FFH-Gebiet" (siehe Kreisbote vom 30. Juli 2003) " Eine Befreiung von der Schutzverordnung sei nur aus zwingenden Gründen möglich (menschliche Gesundheit oder öffentliche Sicherheit)".
Die zwingenden Gründe gibt es aus unserer Sicht nicht, da der Tunnel unter Starnberg eine nicht weniger realistische Alternative darstellt. Zum Schluss die Frage: Wozu wäre es denn ein Naturschutzgebiet, wenn man dort am Ende doch eine Straße baut ?


8. Steigende Gefährdung von Trinkwasser

Am Ende der Maisinger Schlucht sind fünf Brunnen, aus denen Starnberg 75 % seines Trinkwassers bezieht. Die kleine Brücke zwischen Söcking und Neu-Söcking ist deswegen nicht mehr für Autos passierbar.
Ein Stück weiter führt aber die große Schluchtbrücke in nur 200 Meter Abstand von drei Brunnen ebenfalls durch die Schutzzone II des selben Wasserschutzgebietes (siehe Karte oben). Paradoxer Weise soll hier nach dem Umfahrungskonzept der Hauptverkehr fließen.
Mehr dazu siehe unter Westtangente.


9. Naturverbrauch / Bodenversiegelung

Das Leutstettener Moos macht natürlich nur einen kleinen Teil der zu verbauenden Landschaft aus. Wieder ein Zitat aus dem Bericht im Kreisboten über das Abschlussplenum am 23.7.2003 in der Schlossberghalle: Es müssten für die Eingriffe in Landschaftsschutz-, FFH- und Naturschutzgebiete in einer Größenordnung von 18,5 Hektar Ausgleichs- und Ersatzflächen von 21,42 Hektar geschaffen werden.
Letztlich ist aber Boden nicht vermehrbar - wie Herr Drefahl auch anmerkte - und die andernorts ausgewiesenen Ausgleichsflächen sind ein schwacher Trost für die verbaute Landschaft.
In diesem Sinn gelten hier natürlich die gleichen Bedenken bezüglich wertvoller Natur, wie wir sie auf der Seite über die (teilweise trassengleiche) Westtangente vorbringen. Hier im Starnberger Westen ist das (noch) ruhigste Gebiet im ganzen Starnberger Umland. Besuchen Sie es - am besten in natura - oder notfalls, bzw. als Vorgeschmack in Form der Virtuellen Trassenbegehung.



Letzte Änderung 31. März 2006


Wolfram Zucker